Springe zum Inhalt

Das Thema Königinnenaufzucht wurde sowohl im Rahmen der jährlichen Winterschulungen als auch im Archiv unserer Homepage in den Monaten April und Mai 2020 ausführlich behandelt. Interessierte Imkerfreundinnen und -freunde können sich hier nochmals zu diesem Thema informieren. 

Heute möchte ich mich über Grundsätzliches zur Königinnenaufzucht äußern. Fast schon gebetsmühlenartig wiederhole ich die These:

Jeder praktizierende Imker sollte in der Lage sein, seinen Bedarf an hochwertigen, leistungsfähigen Jungköniginnen selbst heranzuziehen.

Warum?
Jeder Imker braucht von Zeit zu Zeit neue, junge Königinnen als Ersatz für alte Königinnen, zur Ergänzung, zur Erweiterung des Bestandes seiner Bienenvölker,  manchmal auch zur Verbesserung der Eigenschaften  seiner Wirtschaftsvölker oder auch zur Umweiselung bei Kalkbrutbefall. 

Warum also intensiv junge Königinnen nachziehen? Dazu gibt es mehrere gute Gründe:

1. Junge Königinnen schwärmen seltener.

2. Junge Königinnen bauen starke Völker auf.

3. Junge Königinnen treiben die Frühjahrsentwicklung besser voran.

4. Bei aller Liebe zur Imkerei wollen wir auch im Hobbybereich wirtschaftlich imkern, also reichlich Honig ernten, daneben Propolis und Bienenwachs gewinnen und (nicht zu vergessen!) als allerwichtigste Leistung der Bienen: 

die Bestäubungsleistung!

Nur durch Zucht mit intensiver Auslese können die Eigenschaften eines Lebewesens auf Dauer beeinflusst werden. Züchtung ist die Beeinflussung einer Population. Sie braucht klar abgesteckte Ziele, die so genannten Zuchtziele. Es besteht sicherlich Einigkeit darüber, dass Vitalität (zum Überleben) Sanftmut, geringe Anfälligkeit für Bienenkrankheiten, Schwarmträgheit (je nach Betriebsweise) und Sammeleifer einige der vorrangigen Zuchtziele für jeden Imker sein sollten. 

Diejenigen Imkerinnen und Imker, die mehrere Jahre lang immer nur Jungweiseln aus ihren Wirtschaftsvölkern nachziehen, indem sie z.B. die Ableger sich selbst beweiseln lassen und ausschließlich Standbegattung betreiben, werden eines Tages bemerken, dass ihre Völker immer weniger sanftmütig sind und/oder einzelne Völker zu regelrechten Stechern ausarten und trotz guter Tracht in der Honigleistung nachlassen.

Was tun?
Von „anerkannten Carnica-Reinzüchtern“ eine oder zwei "Reinzuchtköniginne" kaufen?

Meine Antwort
Jungköniginnen selber heranziehen!                                           

Wann?
ZurBeantwortung diese Frage sollte man kein bestimmtes Datum festlegen wollen, sondern besser den Entwicklungsstand der Völker genau beobachten. 

Warum?
Wann können wir in der Saison mit der Zucht beginnen? Einige Imker meinen, sie müssten am 1. Mai mit den ersten Königinnen-Zuchtserien beginnen. Hierbei liegt die Ausfallquote aber sehr hoch. 

Ein Sprichwort unter Königinnen-Züchtern lautet: Frühzucht ist Mühzucht.

Es müssen nämlich einige Bedingungen erfüllt sein: 

1. Es müssen ausreichend geschlechtsreife Drohnen vorhanden sein. Ein geschlechtsreifer Drohn benötigt 40 - 45 Tage zur Entwicklung. Wir sollten mit der Zucht erst beginnen, wenn ausreichend Drohnen geschlüpft sind. Bis zur Begattung der jungen Königinnen sind die Drohnen dann ausreichend entwickelt und geschlechtsreif.

2. Es müssen ausreichend Jungbienen vorhanden sein. Nur Jungbienen liefern das Gelee Royal für die Weisellarven einer Zuchtserie. Im Pflegevolk sollte also bereits ein größerer Brutsatz Jungbienen geschlüpft sein. Die Bedingungen dafür können regional sehr unterschiedlich sein. 

3. Bei intensiver Tracht vernachlässigen die Bienen die Zuchtserien bzw. die Pflege der Brut allgemein, das heißt, die Qualität der Königinnen leidet evtl. auch durch Vernachlässigen von Pflegediensten der Bienen. Deshalb müssen in Trachtlücken die an der Zucht beteiligten Völker gefüttert werden. (täglich 0,5 l Honig-Lösung) 

Was zeichnet ein gutes Pflegevolk aus? 
Ein gutes Pflegevolk muss gesund sein. Es muss aus dem Vollen schöpfen können. Es muss viele pflegetüchtige junge Ammenhienen haben. Vorassetzung für gute Pflegetüchtigkeit ist die gute Futterversorgung, d.h. die Maden des Volkes (Arbeiterinnen, Drohnen und Königinnen) müssen im Futtersaft schwimmen. Verdeckelte Brut sorgt für ausgeglichene Wärme- und Feuchtigkeitsverhältnisse im Pflegevolk. Die Volksstärke bestimmt die Anzahl der zu pflegenden Königinnen-Zellen. 

Schwarmstimmung erhöht nicht die Pflegebereitschaft. Diese Völker haben ja schon Weiselzellen gepflegt und wollen jetzt schwärmen. 

Wir unterscheiden die natürliche Aufzucht/Vermehrung der Jungköniginnen von der künstlichen Aufzucht/Vermehrung von Jungköniginnen.

Natürliche Aufzucht bzw. Vermehrung von Jungköniginnen  erfolgt über das Schwarmgeschehen und das stille Umweiseln. Und bei plötzlichem Verlust der Königin werden Nachschaffungszellen mitten auf der Brutwabe gebildet. 

Die künstliche Aufzucht bzw.Vermehrung von Jungköniginnen nach dem Verfahren „Königinnenaufzucht im Honigraum eines weiselrichtigen Volkes“ funktioniert auf eine besondere Weise. Dazu muss ein Volk erst einmal zur Königinnenaufzucht veranlasst werden. Es muß veranlasst werden, Weiselzellen zu pflegen, ohne weisellos zu sein. 

Ein  Bienenvolk, zumindest aber ein Volksteil, muss sich weisellos fühlen, auch wenn das Volk gar nicht weisellos ist, sondern weiselrichtig. 

Das gelingt, indem die Königin des Wirtschaftsvolkes/Pflegevolkes vom Pflegevolk abgeschirmt wird mit Hilfe eines Propolisgitters oder eines Stückes Teerpappe.

Die entstehenden Königinnen sind im Grunde Nachschaffungs - Königinnen. Die betreffenden Maden/Larven sind aber nicht irgendwelche Maden/Larven, die vom Volk in einer Notlage ausgewählt werden, sondern die Maden sind :                                   

1. von besonders ausgewählter Herkunft (z.B. Maden von  Reinzuchtköniginnen, besoders ertragreichen und sanftmütigen Königinnen)

2. von einem bestimmten Alter (1,5 Tage alt)

3. werden in bestimmter Form angeboten (in künstlichen Weiselnäpfchen aus Wachs oder Plaste). 

Ernst-Joachim Steiner

Mit diesem Argument wirbt Dr. Pia Aumeier von der Ruhr-Universität Bochum seit Jahren für die Bildung von Ein-Brutwabenablegern im Mai. Ich habe mir die Sache einmal genauer angesehen und will es in diesem Jahr Mitte Mai am Vereins-Bienenstand in Gernewitz und in meinem Garten einmal in der Praxis mit zwei Ein-Brutwabenablegern ausprobieren. Interessenten sind herzlich eingeladen, mit mir am Vereinsbienenstand die Entwicklung des dortigen Ein-Brutwabenablegers zu verfolgen.

„Und so geht`s“ verspricht Dr. Pia Aumeier: „Ein Brutbrett reicht. Suchen Sie bis spätestens Mitte Mai eine gut mit Brutzellen bestückte Wabe mit ansitzenden Bienen aus dem Muttervolk und bilden Sie daraus einen Ableger. 

Wählen Sie dabei eine Brutwabe, die auf jeder Seite zu ¾ mit verdeckelter Arbeiterinnenbrut belegt ist. Außerdem sollte eine handtellergroße Fläche mit Eiern oder jüngsten Larven vorhanden sein, aus denen sich die Bienen eine neue Königin ziehen können. Ist zudem jede Wabenseite mindestens halb mit ansitzenden Bienen bedeckt, hat der Ableger sofort ausreichend Personal. Notfalls noch Bienen von einer offenen Brutwabe hinzufügen.

Unverzichtbar für einen gelungenen Start ist folgende Wabenanordnung: die Brutwabe direkt an eine Zargenwand hängen, daneben ein Rähmchen mit Mittelwand und daneben eine Futterwabe. Die haben Sie vor dem Aufsetzen des Honigraums aus zu gut mit Winterfutter versorgten Wirtschaftsvölkern geerntet und kühl gelagert. Alternativ können Sie auch eine kleine Flüssigfutterportion von maximal einem Liter direkt hinter der Mittelwand geben. Ein Schied zur Einengung des großen Zargeninnenraumes ist überflüssig.

Der Ableger wird mindestens zwei Kilometer entfernt vom Muttervolk aufgestellt – sonst kehren die Flugbienen umgehend nach Hause zurück. Sein Flugloch wird mit einem Schaumstoffstreifen verschlossen. Nur ein Schlitz von einer Bienenbreite bleibt dort offen wo die Brutwabe hängt. So sind Ihre Zöglinge immer sicher vor Räuberei. Werfen Sie noch einen wohlwollenden Blick auf ihr zukünftiges Elitevolk und fahren Sie heim. 

Bis zum nächsten Besuch sind vier Wochen Zeit. Wenn Sie nach 28 Tagen zum Außenstand zurückkehren, haben Ihre Bienen bereits alles für Sie vorbereitet. Alle Arbeiterinnen aus der Brutwabe sind geschlüpft und im Volk aktiv. Die neue Königin ist bereits vom Begattungsflug zurück gekehrt und befindet sich seit etwa einer Woche in Eiablage. Ist alles glatt gegangen, kann sogar bereits die erste verdeckelte  Arbeiterinnenbrut vorhanden sein. Sie zeigt die erfolgreiche Begattung der Königin an. Ist der Hochzeitsflug schief gegangen, hängen Sie das weisellose Völkchen einfach zu einem anderen in dessen Zarge. 

Nun zu den Vier „Fliegen mit einer Klappe“

Fliege 1:  Die Königin ist im noch kleinen Volk leicht zu finden. Sie können sie aufspüren und zeichnen.  

Fliege 2:  Da noch wenig verdeckelte Brut vorliegt, ist nun der geeignete Zeitpunkt für eine Varroabehandlung mit 15%iger Milchsäure gegeben. Geben Sie drei Sprühstöße auf jede mit Bienen besetzte Wabenseite. 

Fliege 3: Wenn gewünscht, packen Sie Ihren Ableger ins Auto und bringen ihn zurück an den Heimatstandort. Dazu warten Sie freundlicherweise die Rückkehr der Flugbienen ab (Besuch also auf den Abend legen). 

Im weiteren Verlauf des Bienenjahres halten Sie bitte das Flugloch bis Ende September weiterhin sehr eng. Alle 2 bis 3 Wochen geben Sie, wenn nötig, etwas Futter oder hängen neue Futterwaben an den Völkchen-Rand. Sobald die eine Mittelwand ausgebaut ist, hängen Sie eine neue direkt an das Brutnest (nicht außen hinter die Futterwabe!). So wächst Ihr Völkchen stetig in die Zarge hinein. Im September wird das Volk für den Winter aufgefüttert. Da es auf einer Zarge sitzt, funktioniert auch so spät im Jahr die Varroabehandlung mit Ameisensäure noch hervorragend. 

Wer so schwach gebildete Jungvölker hingegen schon im Juli oder August behandelt, handelt unvernünftig. Denn so früh leidet keines der milbenarm gestarteten Völker unter Varroa. Zudem stören Ameisensäure oder Thymol im Juli und August die Entwicklung der Völker nachhaltig.

Fliege 4: Im nächsten Frühjahr überholen solche Völkchen in ihrer Entwicklung meist sogar große Wirtschaftsvölker. Sie bilden leistungsstarke Völker zur Honiggewinnung – entstanden aus einer einzigen Brutwabe.“ 

Es bewahrheitet sich damit wieder die alte Regel, dass die „Ableger die Rennpferde der nächsten Saison sind" (Zitat Karl Pfefferle)

Ernst-Joachim Steiner

Zu dieser Frage wurde ich beim Lesen des Beitrags der staatlichen Fachberaterin für Bienenzucht im Regierungsbezirk Oberfranken Barbara Bartsch, nachzulesen im Infobrief Bienen & Imkerei 2021_09 zum Thema „Jungvolkbildung“ angeregt.

Im Mai denken die meisten Imker doch eher an die Kontrolle der Futterversorgung, die Erweiterung der Völker, das rechtzeitige Aufsetzen der Honigräume, an Maßnahmen zur Schwarmkontrolle und das Ausschneiden verdeckelter Drohnenwaben, um die Varroamilbe kurz zu halten. Im Zusammenhang mit der Schwarmkontrolle könnte so mancher Imker auch an das Schröpfen der sehr starken Völker zur Bildung von Einbrutwabenablegern denken, um daraus Jungvölker heran zu ziehen.

Zitat B. Bartsch: “...die Schwarmzeit zu nutzen, um neue Völker mit jungen Königinnen aufzubauen, die im nächsten Jahr dann als Wirtschaftsvölker dastehen sollen. Dazu sollte pro Altvolk ein Jungvolk gebildet werden, denn nicht alle entwickeln sich optimal. Sich selbst überlassen, würde jedes Volk mindestens einen Schwarm bilden, um den Fortbestand zu sichern. Hat man die Möglichkeit zur Auswahl, kann man nicht befriedigenden Jungvölkern im Herbst die Königin entnehmen und sie mit guten vereinigen.“

Sollten sich die Jungvölker bis September gut entwickelt haben, kann man nach Entnahme der 3- oder 4-jährigen Königinnen aus den Wirtschaftsvölkern durch einfaches Aufsetzen von Jungvölkern sowohl eine Weiselerneuerung als auch sehr starke Überwinterungsvölker erzielen. Auch ist es sicherlich nicht verkehrt, im nächsten Frühjahr noch einen überwinterten Ableger in Reserve zu haben.

Mit imkerlichen Grüßen

Ernst-Joachim Steiner

Das wöchentliche Donnerstags-Treffen am Lehrbienenstand bleibt aufgrund der derzeitigen Situation weiter ausgesetzt.
Die notwendigen Arbeiten an den Bienen werden von den dafür Verantwortlichen bei Wahrung aller bekannter Vorschriften durchgeführt.
Ausleihe und Rückgabe von Geräten kann in Absprache mit Jörg Neuland weiterhin erfolgen. Dazu schreibt bitte eine Mail an imkervereinsro[at]web.de.